Wir haben für 2018 einen ausgeglichenen Haushalt vorliegen, der keine weiteren Steuererhöhungen vorsieht. Das scheint in Ordnung. Mehr interessiert den Bürger normalerweise nicht. Ist es aber wirklich in Ordnung?
Nicht in Ordnung ist, dass der Ausgleich erreicht wurde, weil Steuern zu früh und zu sehr erhöht wurden und den Bürgern und Vereinen zusätzliche Lasten durch die maximal möglichen Gebührenerhöhungen zugemutet wurden und werden.
Diesen Haushalt haben die Bürger ausgeglichen – Nicht das Land, nicht die Kämmerin, nicht der Bürgermeister.
Beispiele zu den maximal hohen Gebührenansätzen:
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Eine Berechnungsgröße ist der „Kalkulatorischer Zinssatz“. Damit werden die Gewinne berechnet, die die Stadt erzielt hätte wenn sie z.B. Geld angelegt hätte statt in Bauhofmaschinen zu investieren. Dieser entgangene Gewinn kann dann von den Gebührenzahlern verlangt werden. Die Gemeindeprüfungsanstalt gibt dazu für jedes Jahr den max. möglichen noch rechtssicheren „Kalkulatorischer Zinssatz“ bekannt. Danach richten sich die Gemeinden.
Nideggen nicht!
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Noch ein besonders absurdes Beispiel: Die Anstellung eines Regenwasser-Sheriffs (siehe unten: Abwassergebühren).
60.800 € sind für die Kosten des Regenwasser-Sheriffs angesetzt. Zusätzlich werden aber noch fiktive Kosten des Arbeitsplatzes angesetzt. Die landen im Haushalt. Die Gebührenzahler werden mit 85.446 € jährlich belastet.
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Das letzte krasseste Beispiel:
Nachdem ein Fehler in der Friedhofsgebührenberechnung erkannt wurde, entstanden Gebührenerhöhungen um bis zu 50 %.
Hier hätte der Bürgermeister von sich aus tätig werden müssen: Er hätte die Kalkulation auf weitere Fehler überprüfen lassen müssen.
Statt dessen stellte die Kämmerin ein Plus von 46.473 € in den Haushalt ein und der Bürgermeister erwartete ernsthaft, dass Ausschuss und Rat das durchwinken. Daraus wurde nichts (siehe unten: Friedhofsgebührensatzung).
Gebühren könnten aber auch gesenkt werden:
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Gebühren sind jährlich neu zu berechnen.
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Die Gebühren für Feuerwehr-Einsätze sind Anfang 2017 falsch berechnet worden. Der Bürgermeister hatte das schon im Januar 2017 zugegeben. Eine Neuberechnung würde zur Gebührensenkung führen.
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Sie findet dieses Jahr nicht statt.
Auf der anderen Seite ist kein ernsthafter Sparwille bei Bürgermeister und Verwaltung erkennbar.
Dazu nur ein Beispiel: Beschaffung eines E-Pkw als 2. Dienst-Kfz der Verwaltung:
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Roetgen: hat schon eines – Nideggen: will auch haben!
Mit solchen, an Kita-Spielzeug-Streit erinnernden, Argumenten wurde die Beschaffung natürlich nicht begründet.
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Statt dessen: Die aktuelle Abgasdiskussion – in Nideggen anscheinend besonders problematisch!
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E-Pkws gibt es eben noch nicht gebraucht. Aber es gibt einen Sponsor, der locker die Preisdifferenz zum Pkw mit Verbrennungsmotor, 60 Monate Batterie-Miete und auch noch eine Ladesäule übernimmt: innogy (RWE). Im Rahmen der kommunalen Landschaftspflege (Konzessionsverträge müssen regelmäßig erneuert werden) ist das innogy rund 12.000 € wert.
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Das Geld fehlt dann aber für sonst übliche Sponsoring-Maßnahmen. Damit könnten 5 – 6 Vereinsprojekte bezuschusst und damit erst ermöglicht werden.
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Man hätte dieses Sponsoring natürlich auch für den Erhalt der Musikschule verwenden können! Das ist aber mit einem Bürgermeister und einer Ratsmehrheit, die den Unterschied zwischen Verein und Bildungseinrichtung nicht begreifen will, nicht zu machen.
Nur MFN stimmte gegen diesen Unsinn.
So wird der Bürgermeister eben demnächst mit einem E-Mobil vorfahren können und davon träumen an der Spitze des ökologischen Fortschritts zu sein (erst ab ca. 125.000 Kilometern fällt die Umweltbilanz eines Stromers besser aus als die eines Dieselfahrzeugs). Den Aufkleber „Ich fahre sauber – die Umwelt verschmutzt mein Sponsor“ wird er sich sparen.
CDU, FDP, SPD, Grüne und Unabhängige haben unsere Änderungsvorschläge zum Haushalt verhindert. Die Bürger werden die Folgen erkennen.
Bleibt die Frage:
Warum verwehrte der Bürgermeister der Fraktion verbissen bis zum Verwaltungsgericht Einsicht in die Kalkulationsdateien?
Fühlt er sich persönlich angegriffen, wenn eine Fraktion versucht die Interessen der Bürger zu wahren?
„Hinsichtlich der Ausführung von Herrn Fritsch, dass durch die Verweigerung seine Arbeit als Fraktionsvorsitzender beeinträchtigt sei, stelle ich die Frage, ob dies überhaupt vom Sinn und Zweck der Vorschrift gedeckt ist.“
(Marco Schmunkamp an Verwaltungsgericht Aachen, 02.11.17)
„Das Akteneinsichtsrecht besteht daher bedingungslos und dient insbesondere den Ratsminderheiten der Beschaffung der für die Erfüllung ihrer Aufgaben sowie für die Kontrolle der Verwaltung erforderlichen Informationen.“
(Beschluss Verwaltungsgericht Aachen, 03.11.17)
Friedhofsgebührensatzung
In der Haupt- und Finanzausschusssitzung am 21.11.17 hatte ich die vorgelegte Gebührenerhöhung um bis zu 50 % als undurchsichtig und deshalb nicht vermittelbar bezeichnet. Die CDU beantragte eine Kürzung um 25 %. Dem stimmten CDU (3 Stimmen) und MFN (2 Stimmen) zu. Da Herr Obladen (FDP) sich enthalten hatte, war der Vorschlag mit 5 zu 4 Stimmen angenommen.
Der Bürgermeister:
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erläuterte, dass eine pauschale Verminderung um 25 % nicht den rechtlichen Anforderungen an die Gebührenkalkulation genügt und daher unzulässig sei.
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bot am nächsten Abend per Mail den Ratsmitglieder an, sich im Ordnungsamt über die Berechnungsgrundlagen von ihm oder dem Ordnungsamtsleiter informieren zu lassen.
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legte dann zur Ratssitzung einen neuen Vorschlag vor: Neuerstellung der Kalkulationstabellen mit Hilfe der Kommunalagentur. Bis dahin Beibehaltung der bisherigen Gebührensätze.
Wie dringend notwendig diese Neuerstellung ist, habe ich in der Ratssitzung erläutert.
Auf das Angebot mich von Bürgermeister oder Ordnungsamtsleiter im Rathaus informieren zu lassen hatte ich verzichtet – ihre Kompetenz im Umgang mit Excel-Tabellen ist wohl eher „optimierbar“. Statt dessen habe ich mir selbst die Excel-Tabellen etwas genauer angesehen.
Ergebnis:
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Bei der Umstellung der Formelketten (durch Kommunalagentur ?) auf Haushalts-Ansatz-Übernahme, statt Kosten der Arbeitsstunden, wurden die Gebühren Ausbettung und Grabpflege vergessen. Sie bleiben also unverändert.
Eine weitere Prüfung der vermurksten Datei war nicht notwendig:
Diese Kalkulation ist fehlerbehaftet und deshalb zur rechtssicheren Gebührenberechnung untauglich.
„Bei der Kalkulation von Gebühren handelt es sich rechtlich wie mathematisch um einen komplexen Vorgang, bei dem sich die Verwaltung aus Gründen der Rechtssicherheit externer Unterstützung bedient hat. Die aus dem Prozess entwickelten Kalkulationsgrundlagen im Excel-Format sind umfangreich, vielschichtig und teilweise unübersichtlich. Die Bearbeitung der Daten erfordert sowohl ausreichende Fachkenntnis, wie auch ausreichende Kenntnis über die Datei selbst. Veränderungen von Zellinhalten können zu falschen Berechnungen und erheblichen Abweichen führen.“
(Marco Schmunkamp an Verwaltungsgericht Aachen, 02.11.17. Da ahnte er kaum, wie recht er hatte.)
Die Neuerstellung wurde einstimmig beschlossen.
Erwin Fritsch,14.12.17