Provinzposse

Das Problem:

Für ca. 105 T€ bestellte die Stadt neue Funkgeräte für die Feuerwehr. Die Notwendigkeit der Bestellung ist völlig unumstritten. Nur wurde vergessen, die Beschaffung beschließen zu lassen. Nun lag die Rechnung vor und musste vor der nächsten Sitzung bezahlt werden.

Fehler können passieren. Entscheidend ist, wie man damit umgeht.

Die richtige Lösung:

Der Bürgermeister hätte:

  • die Bezahlung auf seine Verantwortung veranlassen können.
  • in der nächsten planmäßigen Ratssitzung den Rat informieren können, dass ein Fehler passiert ist und künftig nicht wieder vorkommen wird.
  • die Verantwortung dafür übernehmen können.
  • die Beschaffung nachträglich beschließen lassen können. Das wäre reibungslos über die Bühne gegangen.

Die Schmunkamp-Lösung:

  • Der Rat wurde mit verkürzter Ladungsfrist in der Ferienzeit zum 02.08.23 einberufen.
  • Die Dringlichkeit wurde begründet:
    „Speziell der TOP 9 Beschaffung von digitalen Handfunkgeräten für die Feuerwehr löst jedoch diese Verkürzung aus, da das Zahlungsziel 04.08.2023 eingehalten werden muss und der Rat vorab aufgrund der Rechnungssumme zu beteiligen ist.“
  • Der Tagesordnungspunkt wurde – abweichend von der Geschäftsordnung – in den nichtöffentlichen Teil eingeplant.

Ablauf in der Sitzung:

  • Ich beantragte im TOP Regularien die Beschaffung in den öffentlichen Teil zu verschieben.
  • Der Bürgermeister beteuerte, dass Vergaben nichtöffentlich seien.
  • Ich las aus der Geschäftsordnung vor, dass Auftragsvergaben nur dann nichtöffentlich sind, „soweit es für die Beratung des jeweiligen Ausschusses oder des Rates unerlässlich ist, dass von den Betroffenen als vertraulich gekennzeichnete Informationen, beispielsweise Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse Gegenstand der Beratung werden.“
    Genau das trifft hier nicht zu!
  • Der Bürgermeister behauptete nun zumindest der Verkaufspreis müsse im Interesse der Firma vertraulich bleiben.
  • Ich las ihm den nächsten Satz aus der Geschäftsordnung vor: „Der Angebotspreis ist nicht vertraulich.“
  • Dann konnten wir endlich die Änderung der Tagesordnung beschließen.
  • In der Sitzungsvorlage stand:
    „Der zuständige Sachbearbeiter ist irrtümlich davon ausgegangen, dass … hat den Auftrag ohne den notwendigen Ratsbeschluss erteilt. Diesen Umstand bitte ich zu entschuldigen und die Ermächtigung ausnahmsweise nachträglich zu erteilen.“
  • In der Beratung warf ich ihm deshalb vor die Verantwortung auf die unterste Ebene seiner Verwaltung – die er zu organisieren hat – abzuwälzen.
  • Auch da fand er eine Ausrede: Im Kopf der Sitzungsvorlage stehe doch „Der Bürgermeister“.
  • Das wollte ich dann doch nicht weiter vertiefen!

Dann endlich wurde die Beschaffung nachträglich einstimmig genehmigt.

Erwin Fritsch, 04.08.23