Verwaltungsgericht 17.09.18

Wie die Ausschüsse des Rates zu besetzen sind ist in der Gemeindeordnung NRW, der gesetzlichen Grundlage, klar und verständlich geregelt. Abhängig vom Wahlergebnis stehen den Fraktionen eine bestimmte Anzahl von Sitzen in den Ausschüssen zu. Sie können dafür Ausschussmitglieder vorschlagen, die dann vom Rat bestellt werden. Dass man Ausschussmitglieder wieder abberuft ist nicht zulässig.
Wenn Bürgermeister und wenigstens ein Teil der Ratsmitglieder es verstanden haben, klappt die Besetzung dann auch. Manchmal ist der Unverstand aber so hartnäckig ausgeprägt, dass ein Gericht für Recht und Ordnung sorgen muss.

Das Verwaltungsgericht Aachen
musste die Ausschussbesetzung in Nideggen klären.

Wie kam es dazu:

  • In die Bauausschusssitzung am 19.08.14 schickte die CDU Herrn Schröder als Ausschussmitglied. Er war vom Rat nie bestellt worden. Die Bürgermeisterin musste deshalb alle Beschlüsse der Sitzung beanstanden, die Sitzung musste wiederholt werden. Dem Ausschussvorsitzenden, Herrn Nießen (CDU) war das sichtlich peinlich.
  • In die Bauausschusssitzung am 11.07.18 schickte die CDU Herrn Golzheim als Ausschussmitglied. Er war vom Rat nie bestellt worden. Ich erklärte Herrn Nießen, dass ich seine Mitgliedschaft anzweifelte. Herr Nießen hatte sich beim Bürgermeister erkundigt. Der bestätigte die Mitgliedschaft. Meinen Hinweis auf das SD-Net (enthält alle Sitzungsunterlagen und Beschlüsse) ignorierte er. Am nächsten Tag erkannte er seinen Irrtum und musste alle Beschlüsse der Sitzung beanstanden, die Sitzung musste wiederholt werden.
  • Im Oktober 2017 war Herr Golzheim (CDU) vom Rat zum sachkundigen Bürger gewählt worden. Auch wir hatten für Herrn Golzheim gestimmt aber darauf hingewiesen, dass die Beschlussformulierung unzureichend war. Der Bürgermeister ignorierte das.
  • Im November 2017 legte der Bürgermeister dem Rat eine Übersicht „Gremienbesetzung“ vor, um die Rechtsunsicherheit über die Wahl Golzheim zu beenden. Inzwischen hatten auch andere darum gebeten. Unsere Meinung wollte der Bürgermeister in der Sitzung aber nicht hören. Er beendete die Aussprache zu diesem Thema mit den Worten: „Dann haben wir eben unterschiedliche Rechtsmeinungen.“
  • Im März 2018 wollte Herr Golzheim an einer Schulausschusssitzung teilnehmen. Der Ausschussvorsitzende, Herr Floßdorf (MFN), ließ dies entsprechend unserer Rechtsmeinung nicht zu. Dass Bürgermeister und Fraktionen sich nicht auf eine gemeinsame rechtssicher Ausschussbesetzung einigen können, war für die anwesenden Zuhörer bemerkenswert.
  • Im April 2018 nahm der Bürgermeister mein Angebot an, ihm letztmals unsere Rechtsauffassung zu erläutern. An dem vereinbarten Termin war er dann so sehr verhindert, dass er ihn nicht einmal absagen konnte.
  • Im August glaubte Herr Golzheim den Ausschussvorsitzenden Floßdorf wegen des Ausschlusses aus der Sitzung verklagen zu müssen. Der antwortete mit einer Gegenklage, in der er eine Bestätigung der Ausschlussentscheidung und die Aufhebung des Oktober-Beschlusses verlangte.
  • Herr Golzheim hat inzwischen erklärt, zunächst auf Sitzungsteilnahme zu verzichten, um „Schaden von der Stadt Nideggen abzuwenden.“
    Der Schaden war aber längst eingetreten. Bürgermeister und Rat hatten sich lächerlich gemacht.
  • Als die Klage Floßdorf gegen den Rat (der ist automatisch Klagegegner, weil der Rat die Ausschussbesetzung zu entscheiden hat) eingegangen war, hatte der Bürgermeister plötzlich das dringende Bedürfnis eine Rechtsanwaltskanzlei einschalten zu müssen. Die Ratsmehrheit genehmigte das. Wir waren dagegen. Einfaches – und rechtzeitiges – Zuhören wäre billiger gewesen.
  • Am 14.09.18 informierte der Rechtsanwalt den Bürgermeister darüber, warum der Ratsbeschluss vom Oktober 2017 rechtlich sehr zweifelhaft ist.
  • Am 17.09.18 informierte der Bürgermeister die Ratsmitglieder darüber, dass er nun den Beschluss vom Oktober 2017 beanstanden werde. Da hatte das Verwaltungsgericht schon den Beschluss gefasst.
  • Der Beschluss bestätigt Herrn Floßdorf, dass Herr Schiffmann (der gemäß Oktober 2017-Beschluss durch Herrn Golzheim „abgelöst“ worden sein sollte) weiterhin Mitglied im Schulausschuss ist.
  • 2 weitere Anträge, die Herr Floßdorf auf meinen Rat gestellt hatte, wurden abgelehnt. Die gleiche Feststellung für die beiden anderen Ausschüsse konnte er nicht fordern, weil er für diese Ausschüsse nicht als Vorsitzender klagebefugt ist. Die Feststellung, dass sein Verhalten als Ausschussvorsitzender im März 2018 rechtmäßig war durfte im Eilverfahren nicht gestellt werden.

Kosten:
Diese ganze Albernheit kostet 438 € an Gerichtskosten. 2 Drittel gehen zu Lasten des Ausschussvorsitzenden, 1 Drittel zu Lasten des Rates. Da beides Organe der Stadt sind, zahlt die Stadt. Die – im Ergebnis nutzlosen – Kosten der Fachanwaltskanzlei ( 2.272,90 € ! ) zahlt auch die Stadt. Herr Floßdorf hat keine Anwaltskosten verursacht.

Fazit:
Bürgermeister haben das Recht aber auch die Pflicht rechtswidrige Beschlüsse zu beanstanden.
Fraktionen haben dieses Recht nicht, sie können aber auf Fehler hinweisen. Das haben wir wiederholt und ausreichend getan.
Die Pflicht zur Beanstandung durch den Bürgermeister ist an keine Frist gebunden. Die Pflicht beginnt erst, wenn er die Rechtswidrigkeit erkannt hat.
Bei Herrn Schmunkamp hat das eben etwas länger gedauert.

Erwin Fritsch, 19.09.18