Lüge

Im nichtöffentlichen Teil der Ratssitzung am 08.09.20 stand in einer Vorlage:

In der Gemeinde muss regelmäßig ein …. tätig sein, damit die ihm gesetzlich zugewiesenen Aufgaben vor Ort ordnungsgemäß erfüllt werden.

In der Niederschrift vom 28.09.20 zu dieser Sitzung steht nun:

Herr Fritsch von der Fraktion Menschen für Nideggen geht auf den Vorlagentext ein. Dort heißt es, dass in der Gemeinde regelmäßig ein …. tätig sein muss. Er bittet um Erläuterung in der Niederschrift, warum dies sein muss. Er verweist auf § 32 Abs. 4 letzter Satz der KommHHVO. Aus dem dortigen Wortlaut schließt er, dass ein …. nicht bestellt sein muss.
Antwort der Verwaltung: Es ist richtig, dass ein …. nicht zwingend bestellt sein muss. Mit dem Satz „das in der Gemeinde regelmäßig ein …. tätig sein muss“ sollte einführend in das Thema auf die bedeutsame Rechtsstellung der Person hingewiesen werden.

Irren ist menschlich. Man kann versehentlich eine falsche Aussage machen, wenn man einen Sachverhalt nicht ausreichend geprüft hat. Das ist dann ein Fehler, den man durch Richtigstellung korrigieren sollte. In der Niederschrift wird nicht zugegeben, einen Fehler gemacht zu haben. Es wird begründet, warum die irreführende Falschaussage gemacht wurde.

Wenn man bewusst eine Falschaussage macht, um einen bestimmten Zweck zu erreichen, nenne ich das Lüge!

Erwin Fritsch, 30.09.20

Rat 08.09.20

Kommunalwahl in den Pflegeheimen

Das Briefwahlverfahren und die Möglichkeit es Online zu beantragen, ist eine praktische Sache.

Wenn aber „Unstimmigkeiten“ (Im wahrsten Sinn des Wortes !) bekannt werden, bedarf das dringendst der Aufklärung:
Für mindestens eine Bewohnerin eines Pflegeheimes wurde ohne ihr Wissen und Wollen im Online-Verfahren die Briefwahlunterlagen durch die Heimleitung angefordert. Nachdem sie die Nichtzustellung der Wahlbenachrichtigung reklamiert hatte, erhielt sie die Briefwahlunterlagen in geöffnetem Umschlag mit bereits ausgefüllten Stimmzetteln.
Wir hatten Aufklärung beantragt.

Der Wahlleiter, Herr Weber, verteilte kurz vor der Sitzung einen Vermerk, der unsere Fragen beantworten sollte.

Die Antworten waren bedingt ausreichend:

  • Bewegliche Wahlvorstände wurden bisher nicht und werden auch diesmal nicht eingesetzt.
  • 240 Wahlberechigte sind in 6 Pflegeheimen untergebracht.
  • Wieviele Briefwahlunterlagen dafür angefordert wurden, könne aus Zeitgründen nicht beantwortet werden. Das war aber die entscheidende Frage. Angeblich arbeitet die Verwaltung mit einer Datenbank, in der alle Angaben zu den Personen enthalten sind, und ist nicht in der Lage 6 Abfragen nach Hausnummer und Straße zu stellen.
  • Die Prüfung der Briefwahlunterlagen ist auf die erforderlichen Unterschriften der eidesstattlichen Erklärung begrenzt. Dabei können nur fehlende Unterschriften bemerkt werden.
  • Es handele sich um einen Einzelfall, bei dem 2 Personen gleichen Namens verwechselt wurden.
  • Die Polizei habe den Sachverhalt überprüft und keinen Verdacht auf Straftaten festgestellt.

2 Unklarheiten blieben übrig:

  • Wieso ein Polizeibeamter bei der Familie der Betroffenen nachgefragt hatte, konnte nicht beantwortet werden. §§ 107 Wahlbehinderung, 107a Wahlfälschung und 108 Wählernötigung sind Offizialdelikte bei denen weder Strafanzeige noch Strafantrag erforderlich sind.
  • Wurden womöglich Briefwahlunterlagen für Wähler beantragt, die das gar nicht wollten?
    Die Anzahl der Anträge könnte das beantworten.

Um jegliche Zweifel, auch zum Schutz der Heimleitungen, auszuräumen beantragten wir:
„Die Briefwahl-Rückläufer aus den Pflegeheimen werden vernichtet. Für die Pflegeheime wird ein oder mehrere bewegliche Wahlvorstände eingesetzt.“

Das lehnten Bürgermeister und alle anderen Fraktionen ab.
Erst heute erfuhr ich, dass für nur ca. 60 der 240 Wahlberechtigten in den Heimen Briefwahlunterlagen angefordert wurden. Das macht die Behauptung „Einzelfall“ deutlich plausibler.

Wir werden – auch im Interesse der Heimleitungen – vor der nächsten Wahl den Einsatz von beweglichen Wahlvorständen beantragen.

Zuständigkeit des Rates

Ein Einwohner hatte von seinem Recht nach § 24 GO NRW Gebrauch gemacht und eine Eingabe an den Rat gerichtet.
Der Bürgermeister schlug vor:
„Der Rat der Stadt Nideggen beschließt, dass die aufgeführten Punkte in die alleinige verwaltungsmäßige Abarbeitung gehören und die Verwaltung die Ausschüsse nach Ihrer Zuständigkeit bei Bedarf beteiligt.“
Das heißt im Klartext: Der zuständige Rat sollte beschließen, dass er nicht zuständig ist.
Das geht schon gar nicht!
Wir beantragten:
„Der Rat überträgt die Erledigung zu Ziff. 1. an den Bauausschuss, zu den Ziff. 2. und 3. an den Stadtentwicklungsausschuss.“

Der Bürgermeister argumentierte, wir könnten nicht wissen, welche Ausschüsse der neue Rat bildet. Auf Vorschlag von Frau Gudrun Zentis (Grüne) änderten wir unseren Antrag:
„Der Rat überträgt die Erledigung der Anregungen an die nach der Wahl zuständigen Ausschüsse.“

Die Begründung, dass die Eingabe an den Rat gerichtet war, nicht an den Bürgermeister, und nach Hauptsatzung der Rat zuständig ist, reichte dem Bürgermeister aber nicht.
Ich musste noch ein BVerfG-Urteil von 1953 zitieren:
„Das Grundrecht des Art. 17 GG verleiht demjenigen, der eine zulässige Petition einreicht, ein Recht darauf, dass die angegangene Stelle die Eingabe nicht nur entgegennimmt, sondern auch sachlich prüft und dem Petenten zum mindesten die Art der Erledigung schriftlich mitteilt.“
Die im Grundgesetz garantierte Prüfungspflicht des Rates kann durch Ratsbeschluss nicht ignoriert werden!
Nun stimmten auch der Bürgermeister und fast alle Ratsmitglieder zu. Nur Herr Müllejans und Herr Cornely (beide SPD) und Herr Meyer (Unabhängige) stimmten dagegen.

Wiederholung „Nationales Projekt“

2019 hatte Nideggen ein umfangreiches Paket aus Einzelmaßnahmen geschnürt um es als „Nationales Projekt Städtebau“ finanziert zu bekommen.
Daraus wurde nichts.
Dass Nideggen 15 Mio. € aus einem Fördertopf von 75 Mio. € abschöpfen könnte, war wohl ein allzu „visionärer“ Traum.

2021 stellt der Bund wieder 75 Mio. € bereit. Deshalb wärmte der Bürgermeister für 2021 seinen Traum wieder auf. Im Prinzip die gleichen Projekte, nur etwas abgespeckt. Nun sollen nur 6,1 Mio. € verbraucht werden. Wir halten das noch immer für einen falschen Ansatz. Es wäre besser gewesen nur den Teil „Sanierung der Stadtmauer“ zu fordern. Das lässt sich dann eher als „Nationales Projekt“ begründen. Es gibt nicht mehr viele Altstadtmauern in Deutschland.
Außerdem ist die Sanierung das einzige der Projekte, das wirklich unverzichtbar ist. Wir hatten das schon 2011 – 2014 mehrfach gefordert.
Damals unterstützte das keine der anderen Fraktionen, weil sie MFN-Anträgen prinzipiell nicht zustimmen wollten oder weil ihnen der Verfall der Stadtmauer egal war.
Der Nutzen der anderen Projekte ist eher fragwürdig. Sind sie eher für Touristen interessant, während die – noch nicht einmal geschätzten – Folgekosten für die Nideggener Bürger anfallen?

Erwin Fritsch, 12.09.20