Der Anlass für die Sondersitzung
Die Beratungsfirma VDH ist von der Stadt mit der Bearbeitung der FNP(=Flächennutzungsplan)-Änderung zur Windkraftplanung beauftragt. Der dort zuständige Bearbeiter informierte den Bürgermeister darüber, dass er nach seinen bisherigen Gesprächen mit der BezReg(=Bezirksregierung, zuständige Genehmigungsbehörde) klare politische Vorgaben für die weitere Arbeit brauche.
Herr Schmunkamp informierte die Ratsmitglieder und schlug ein interfraktionelles Gespräch (Verwaltung und Fraktionsvorsitzende) mit der VDH vor, ersatzweise auch eine zusätzliche Ausschusssitzung. Nicht nur wir antworteten ihm, dass Beschlüsse nicht im „Kellerkabinett“ sondern im Ausschuss zu treffen sind.
Öffentlichkeit der Beratung
In der Tagesordnung der Sondersitzung war der Tagesordnungspunkt „Windkraft“ in den nichtöffentlichen Teil eingeplant worden. Also stellte ich zu Sitzungsbeginn den Antrag:
„Der TOP 6 Windenergieplanung wird aus dem nichtöffentlichen in den öffentlichen Teil verlegt.“
und begründete ihn (wörtlich):
- Beratungen und Beschlussfassungen im Rahmen der Bauleitplanung sollen sollen und müssen prinzipiell öffentlich sein.
- Die Beratung in der Nichtöffentlichkeit kann dazu führen, dass „vorrangige Argumente“ (z. B. Ortsteilinteressen, Wählerpotential usw.) berücksichtigt werden. Sie sollen der Öffentlichkeit verheimlicht werden und dürfen dann auch nicht in der öffentlichen Auswertung auftauchen.
- Genau darauf zielt die Einplanung im nichtöffentlichen Teil ab:
Zitat Mail Schütt (VDH) vom 17.05.23:
„Bei den zur Diskussion stehenden Themen ergibt sich aus meiner Sicht ein Spannungsfeld zwischen Bürgerschutz und Rechtssicherheit. Ich sehe eine gewisse Wahrscheinlichkeit, dass sich die Politik – aus nachvollziehbaren Gründen – für eine nicht rechtssichere Variante entscheidet. Wenn das ganze dann noch in einer öffentlichen Ausschusssitzung thematisiert wird, legt man den Gegnern des Verfahrens die Argumente schon in der Sitzung in dem Mund.“
Genau das wurde in Kurzfassung als Begründung in die Beschlussvorlage übernommen. - Wenn diese Vorgehensweise stattfindet und bekannt wird – und sie wird garantiert bekannt werden! – wird der FNP wegen fehlerhafter Abwägung leicht anfechtbar.
- Wenn wir in Nichtöffentlichkeit beraten und beschließen, stellt sich nicht nur mir die Frage, was mir wichtiger ist:
Die Verpflichtung zur vertraulichen Behandlung dieser Beratung
oder das berechtigte Interesse der Öffentlichkeit. - Die Nichtöffentlichkeit hat noch einen weiteren Nachteil: Es werden Gerüchte in die Öffentlichkeit getragen. Sie sind dann für die Öffentlichkeit nicht nachprüfbar.
Grüne, FDP und Unabhängige unterstützten den Antrag.
Den anwesenden Zuhörern leuchtete die Begründung ein, der CDU nicht!
Die CDU-Fraktion hatte sich vor der Sitzung auf eine Ablehnung meines Antrags geeinigt. Die CDU-Ausschussmitglieder glaubten sich daran halten zu müssen. Herr Hambach musste als ihr Sprecher dagegen argumentieren. Sein Argument: Es könnten Namen in der Öffentlichkeit genannt werden. Das sei unzulässig.
Gegen meinen Antrag stimmten die Herren Hambach, Schröder, Waßmund und Kommer (alle CDU) und Erz (SPD).
Die Mehrheit (7 Stimmen) nahm in an.
Die Berger Bürgerinitiative
In Berg hatte sich eine BI(=Bürgerinitiative) gebildet. Ihr Ziel: Die totale Einkreisung von Berg zu verhindern.
- Mit Mail vom 14.05.23 hatte Herr Heinz-Peter Baum als Vertreter der BI den Bürgermeister darum gebeten, die Argumente der BI mündlich im Bau- und Planungsausschuss am 23.05.23 vortragen zu dürfen.
- Damit wollte er erreichen, dass die BI ihre Argumente den politischen Vertretern rechtzeitig, bevor Beschlüsse gefasst werden, vortragen kann.
- Mit Mail vom 15.05.23 hatte Herr Schmunkamp dies unter Hinweis auf die Zuständigkeit des Stadtentwicklungsausschusses abgelehnt und auf dessen nächste Sitzung verwiesen.
- Einen Vortrag in einer möglichen Sondersitzung hatte er aber in Aussicht gestellt:
Zitat Schmunkamp:
„Ihnen ist ja wichtig, dass die politischen Vertreter vor Beschlussfassung der Abwägung von Ihnen persönlich die Gründe erfahren. Das passiert auf jeden Fall, da dazu ein Ausschusstermin notwendig ist.“
Beim Erstellen der Tagesordnung hatte er diese Zusage dann „vergessen“. - Deshalb hatten wir als Fraktion die Aufnahme des TOP „Anhörung der Berger BI“ in die Tagesordnung beantragt und vorsichtshalber dem in Geschäftsordnungsfragen unerfahrenen Ausschussvorsitzenden erklärt, dass er zur Aufnahme verpflichtet ist.
Der Vortrag der BI war dann absolut überzeugend:
Sie lieferten einen konstruktiven Beitrag zur Abwägung zwischen Bürgerinteressen und der Notwendigkeit zur Ausweisung ausreichender Flächen.
Das Beratungsergebnis
Der Vertreter der VDH erläuterte das Spannungsfeld zwischen noch gültiger Rechtslage und den zu erwartenden neuen landespolitischen Vorgaben, an denen sich die BezReg voraussichtlich orientiert.
Die BI hatte in ihrem Vortrag überzeugende Vorarbeit geleistet. Wenn man auf die Zeit verzichtet hätte, in der Fragen gestellt wurden, deren Antworten bereits in den Sitzungsunterlagen stand bzw. wenige Minuten vorher bereits beantwortet worden waren, wäre die Beratung und Beschlussfassung in 10 Minuten erledigt worden.
Dann wurde – einstimmig – beschlossen
die VDH mit der Einplanung der Flächen 1, 2, 3, 4 und 13 zu beauftragen.
Ein voller Erfolg der BI!
Erwin Fritsch, 02.06.23