Grobe Fahrlässigkeit oder sträflicher Leichtsinn?

In Nideggen beschlossen CDU und SPD ihren aufgeschreckten Mitgliedern im Rechnungsprüfungsausschuss einen Rechtsanwalt aus der Stadtkasse zu bezahlen (siehe unten).
Dass man noch lässiger mit dem Geld städtischer Steuerzahler umgehen kann, zeigt das Beispiel Greensill Bank. Sie sammelte ca. 700 Mio. € bei 50 Kommunen ein. Z.B.: Monheim 38 Mio. €, Köln (Theater) 15 Mio. €, Emmerich 6 Mio. €, Nordenham 13,5 Mio. €, Osnabrück 14 Mio. €, Gießen 10 Mio. €, Wiesbaden 20 Mio. € und Neckarsulm 5 Mio. €. Die Kommunen waren dankbar, dass sie für ihre Einlagen gute Zinsen erhielten. Bei Volksbanken oder Sparkassen hätten sie Verwahrentgeld (=Negativzinsen) zahlen müssen. Der kleine Hacken daran: Kommunen sind seit 2017 nicht mehr durch den Einlagensicherheitsfonds der Privatbanken geschützt.

Dass das Greensill-Modell nur gut funktionieren konnte, solange die Zinsen mit dem Geld neuer Anleger bezahlt werden konnten, ist kaum überraschend. Nun ist die Greensill Bank pleite.
Bei Volksbanken oder Sparkassen wäre das Geld sicher gewesen.

Auf der Website der Bank stand:
„Seit 1.10.2017 sind Einlagen von professionellen Anlegern (Bund, Länder und Kommunen sowie bankähnliche Kunden) nicht mehr durch den Einlagensicherheitsfonds geschützt.“

Erwin Fritsch, 15.03.21

Aufregung im RPA

Same procedure as every year

Seit über einem Jahrzehnt trat der gleiche Steuerberater im RPA (Rechnungsprüfungsausschuss) auf. Er zeigte einige PP-Folien und erklärte, dass alles OK sei. Wenn überhaupt, wurden von den Ausschussmitgliedern einige Fragen gestellt, um zu zeigen, dass sie noch wach waren. Dann beschloss der RPA einstimmig die vorgelegte Empfehlung an den Rat. Der Vorsitzende, Herr Nießen (CDU), verlas sie im Rat ohne sich anmerken zu lassen, wie „erschöpfend“ die Arbeit im RPA gewesen war. So war es bisher.

Ende 2020 gab es eine wesentliche Änderung

Herr Pütz (Grüne) hat nun den Vorsitz. Im Unterschied zu seinem Vorgänger fragte er nicht die Verwaltung, was er tun soll, sondern hat sich als Erstes „schlau gemacht“ (Die Gesetzeslage geprüft). Ergebnis: Seit 01.01.2019 dürfen Steuerberater Jahresabschlüsse nicht mehr im Auftrag des RPA selbständig prüfen. Sie können nur hinzugezogen werden, wenn der RPA selber prüft. Das hat der RPA aber nicht getan.
In der RPA-Sitzung am 10.02.21 wurden der Bürgermeister, die Verwaltung, der Steuerberater und einige Ausschussmitglieder wachgerüttelt, nachdem Herr Pütz seine Einschätzung der Rechtslage erläutert hatte. Der Bürgermeister zeigte sein Standard-Verhalten: Wiederholt behaupten, dass die Vorlagen der Verwaltung richtig sind und dann gelassen auf die sichere Zustimmung von CDU und SPD warten. Auch diesmal schien das zu funktionieren. Der Beschlussvorschlag der Verwaltung wurde mehrheitlich angenommen. Grüne, MFN und FDP hatten vergeblich argumentiert.

Nachwirkungen

Die Herren Hensch (FDP), Pütz (Grüne) und A. Knein (Grüne) legten Einspruch gegen den Beschluss des RPA ein. Auch das beeindruckte den Bürgermeister wenig. Der dafür zuständige Rat wird den Einspruch mit CDU-SPD-Mehrheit abweisen.
Das schien mir zu einfach. Ich beantragte beim Bürgermeister den Beschluss zu beanstanden. Er hatte damit die letzte Chance sich mit meinen Argumenten in Ruhe zu befassen. Er antwortete – wie vorhersehbar – mit einem dürftigen Satz, dass er keine Veranlassung für eine Beanstandung sieht. Das darf er. Er muss nur beanstanden, wenn er die Rechtswidrigkeit des Beschlusses erkennt.
Also reichte ich Klage beim Verwaltungsgericht ein. Nicht gegen den Bürgermeister, sondern gegen den RPA, der den Beschluss fasste. So entstand ein völlig überflüssiges Gerichtsverfahren. Es wäre vermeidbar gewesen, wenn Herr Schmunkamp meinen Antrag sachlich und vernünftig beantwortet hätte.
In der Ratssitzung am 23.02.21 beantragten CDU und SPD nun die Beauftragung eines Rechtsanwaltes um die persönliche Haftung der Ausschussmitglieder zu klären und den Ausschuss vor Gericht zu vertreten. Die Angst vor der persönlichen Haftung ist maßlos überzogen. Sie kann überhaupt nur dann greifen, wenn

  • erst durch falsches Verwaltungsverhalten ein Schaden entstanden ist und
  • dann die RPA-Mitglieder grob fahrlässig handelnd den erkennbaren Schaden übersehen.

Warum ausgerechnet CDU und SPD einen von der Verwaltung verursachten Schaden befürchten, verstehe ich nicht. Mein Vertrauen in die Verwaltung ist da größer.
Die CDU-SPD-Mehrheit erreichte, was sie wollte.

Der Anwalt hat dem RPA inzwischen die Haftungsfrage erklärt. Er schrieb, fast wortgleich, das gleiche wie der Autor der aktuellen Information des Städte und Gemeindebund (StGB). Kein Wunder: Beide zitieren die gleichen Gesetze, die gleichen Kommentare. Der StGB kostenlos.

Fazit:

Ein überflüssiges Verfahren. Nun auch mit überflüssigen Rechtsanwaltskosten.

Wer sich die „Beratung“ in der Ratssitzung anhören will, kann das hier tun:


Erwin Fritsch, 12.03.21